Nupri, der ballverrückte Langstreckenläufer
Kylja und ich waren einige Jahre lang ein super Team. Und eigentlich dachte ich kaum jemals über einen Zweithund nach, da ich das Bedürfnis gar nicht hatte. Fragte mich jemand, erhielt er immer die Antwort, " naja, eigentlich bin ich mit Kylja sehr glücklich aber wenn es mal einen Zweiten reinschneien soll, kann man es ja anschauen".
So kam es. Ich erhielt eines Tages eine Mail mit Fotos von einer Bekannten, die privat immer wieder Border Collies und deren Mischlinge weitervermittelt. Diese 3 Welpen aus einem reinrassigen Unfallwurf suchten also dringend ein Zuhause. Und einer von ihnen war Nupri. Da ich diese Mail auch an eine gute Freundin weiterleitet, entschloss sie sich, den kleinen Bären (damals sah er aus wie ein kleiner Bär) aufzunehmen. Leider war dies keine so gute Idee, es klappte nicht, die Konstellation zwischen ihr, ihrem unkastrierten Borderrüden und dem Welpen, passte einfach nicht. So kam der Kleine einige Wochen später zu mir. Und es war kein einfaches Unterfangen. Nupri hat einen grundguten Charakter, hat aber leider schon extrem viel schlechtes erlebt. Und so war ich fast 1 Jahr lang damit beschäftigt, aus ihm einen normalen Hund zu machen. Ein Hund, der sich am Menschen orientiert, ein Hund, der kommuniziert und kooperiert und nicht ein Hund, der immer gleich davonrennt oder total abschaltet wenn er etwas nicht versteht oder es sich nicht zutraut.
Nupri ist ein typischer Border mit dem ebenfalls oft typischen "Border-Gaga-Ismus". Er will alles recht machen, hat Will to Please ohne Ende, steigert sich dann aber oft so derart in etwas rein, dass es garantiert total in die Hose geht. Er hat Mühe mit Abwarten, auf meine Anweisungen zu warten, oft meint er, er wisse es besser und macht schon mal...
Wir haben lange und viel gearbeitet, ich habe von diesem Hund enorm viel gelernt .. und tue dies heute noch!
Ich habe wenige Hunde erlebt, die charakterlich so schwierig waren / sind wie er. Einerseits hypersensibel, andererseits doch ziemlich eigenständig und stur. Wenn er was im Kopf hat...
Durch Nupri habe ich gerade in den letzten Jahren auch das Umdenken gelernt. War ich früher auch total "Hundeschule / Konditionierungslastig" unterwegs, war der Meinung, jeder Border muss mindestens 100 Zirkustricks können, so lernte er mich ein Umdenken. Ein Umdenken in die "Methoden" von Maja Nowak, Anita Balser, Cesar Millan. Ein Umdenken in Beziehung, anstatt Erziehung und Konditionierung. Und ich merke immer mehr, wie dieser Weg meinem Hund entspricht und wie er auch wieder das leben kann, was er eigentlich ist. Nach den Rollen im Rudel wäre er ein Teamplayer/Zentralhund, jeder, der sich damit befasst weiss, dass dies keine einfachen Hunde sind. Hätte ich das früher alles gewusst, hätte ich vieles ganz anders gemacht. Aber ich danke Nupri jeden Tag dafür, dass er mich soviel gelernt hat, was ich nun auch meinen Kunden weitergeben kann.
Nichtsdestotrotz: wenn man ihn versteht, ist er ein absoluter Traumhund, immer bereit, für alles zu haben. Wenn man weiss, wie man ihn nehmen muss und was seine Stärken sind, arbeitet er auch genial. Allerdings ist er jetzt nicht so der "super Trickser", wie viele Border sind. Seine Feinmotorik lässt zu wünschen übrig und mit ihm Tricks wie "spring durch meine Arme" zu üben, sind schlicht und einfach gesundheitsschädigend (für den Menschen!).
In seinem Element ist er bei Suchspielen (Ball oder Dummy) wo er einfach auf grosser Fläche rennen und suchen kann. DAS ist sein Ding. Und ich geniesse es, ihm dabei zuzuschauen. :-)
Ich bin froh, ist er zu mir gekommen, ich bin sicher, hätte ich ihn vermittelt, wäre er wohl einige Monate später wieder bei mir gelandet.
Heute ist Nupri ein absolut netter, freundlicher Hund. Umgänglich mit allen Menschen, super sozialisiert mit Hunden.
Ihn setze ich gerne bei Trainings ein, da viele Hunde sich schnell an ihn binden und sich an ihm orientieren. Auch aggressive Hunde hat er schon therapiert, da er auf die Aggressionen gar nicht erst eingeht, was bei aggressiven (vorallem angstaggressiven Hunden) teilweise fast schon kleine Wunder vollbringt.
Bei Erstgesprächen, Anamnesen, ist er auch oft dabei und hilft mir, den neuen Hund einzuschätzen. Anhand daran, wie er mit dem Hund umgeht, weiss ich sehr genau, wen ich vor mir habe.
Sein Bewegungsdrang ist auch heute noch enorm. Dies, obwohl er nun auch schon 9 Jahre alt ist. Doch er ist in Hochform. Und auch bei meiner Kylja hat es sich gezeigt, dass es sich lohnt, die Hunde körperlich zu arbeiten. Nicht hetzen, nicht stupides Bälle werfen. Aber sie sollen laufen, sich bewegen. Wäre Kylja damals bei der Krebs-Diagnose nicht so gut trainiert gewesen, hätte sie (Aussagen mehrerer Tierärzte) viel schneller abgebaut.
Auch er kennt Agility, lief im Schlittenhundegespann, kommt super gerne mit dem Fahrrad oder den Inlinern mit, geht auch am Pferd. Seine allergrösste Leidenschaft ist aber der Ball und die Futterbeute. Suchen, suchen, suchen. Da ist er danach müde und zufrieden. Körperlich und geistig.
Ich denke gerade auch die 3 Schlagworte : Bewegung, Disziplin, Zuwendung, haben bei ihm enorm viel geholfen, ihn zu einem so tollen Hund zu machen, wie er heute ist!